Peer Story

Als Sozialwissenschaftler in die Wirtschaft

Dr. René Sternberg ist promovierter Soziologe. Als Informationsarchtitekt begleitet René Organisationen bei der Einführung von komplexen Intranetsystemen. Im Interview berichtet er von seinem Wechsel als Promovierter in die Wirtschaft.
René, du hast bereits während deiner Promotion im Bereich der Organisationssoziologie entschieden, nach der Dissertation in die Wirtschaft zu gehen. Warum?

Dafür gab es mehrere Gründe. Ich promovierte ab 2010 über Web 2.0 und wie diese neuen Werkzeuge die interne Unternehmenskommunikation ändern. Dabei stellte ich fest, dass ich in der Wissenschaft fast alleine mit diesem Thema war. In der Wirtschaft war es anders. Dort gab es eine sogenannte Enterprise 2.0 Community, in der sich Vordenker*innen der Web 2.0 zur Nutzung in Unternehmen versammelten. Diese traf sich auf verschiedenen Formaten, z.B. Fachkonferenzen, auf denen ich als Exot (Promovierender) ein gern gesehener Diskussionspartner war. Dieser Austausch ermöglichte mir einen praxisbezogenen Einblick in dieses Berufsfeld.

Ein weiterer Grund war, dass ich durch das sehr neue Themenfeld keine wirklichen Förderer in der Wissenschaft fand, die mir eine Perspektive in der aufzeigen konnten. Zusätzlich war mir klar, wie unsicher der Weg in der Wissenschaft ist. In der Soziologie schafft es von 30 Wissenschaftler*innen mit einem Ph.D. nur eine Person einen Lehrstuhl zu ergattern. Dieses Risiko war mir zu groß, weshalb ich schon während der Promotion beschloss, nach dem Abschluss in die Wirtschaft zu gehen. Rückblickend war dieser Entschluss genau das Richtige.

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In der Soziologie schafft es von 30 Wissenschaftler*innen mit einem Ph.D. nur eine Person einen Lehrstuhl zu ergattern.
Welche Schritte musstest du gehen und welche Ungewissheiten haben dich auf dem Weg dabei begleitet?

Während der Promotion fing ich auf Twitter und Facebook an, Persönlichkeiten der Enterprise 2.0 Community zu folgen und einen Blog zu schreiben, in dem ich Themen meiner Dissertation diskutierte.

Als ich meine Arbeit an der Uni einreichte, bewarb ich mich bei Firmen, indem ich ein Video bzgl. Jobsuche aufnahm. Dieses Video teilte ich auf meinen Blog, auf Social Media und bat um Weiterleitung. Insgesamt meldeten sich sechs Firmen. Letztlich einigte ich mich mit meinem jetzigen Arbeitgeber – das war vor sechs Jahren.

Das Gehalt sollte beim Übergang von der Wissenschaft in die Wirtschaft eine nachgelagerte Rolle spielen.

Was sind drei Tipps, die du unseren Forschenden mit auf den Weg geben möchtest?

1 Sei Dir deiner Fähigkeiten bewusst. Viele unterschätzen, was sie können und verkaufen sich deshalb relativ schlecht. Wenn Du weißt, was Du einbringen kannst, dann findest Du auch einen guten Job, der Dich ausfüllt und Dir Freude bereitet.

2 Promovierende sind Exoten für Personaler oder Geschäftsführende. Sie wissen oft nicht, wie sie Promovierende, z.B. vom Gehalt her, einschätzen sollen. Deshalb mein Rat: Das Gehalt sollte beim Übergang von der Wissenschaft in die Wirtschaft eine nachgelagerte Rolle spielen. In der Wirtschaft angekommen, kannst Du deine Stärken einbringen und so Deinen Mehrwert aufzeigen. Wenn dies gelingt, dann steigt auch das Gehalt.

3 Einige Wissenschaftler*in, die ich kenne, neigen zum Perfektionismus. Alles muss bis ins Detail durchdacht werden, bevor gehandelt wird. In der Wirtschaft ist es gut, das Ganze im Blick zu behalten. Noch wichtiger ist es, Ergebnisse zu produzieren, auch wenn diese manchmal nur zu 80% dem eigenen Anspruch genügen.

 

Wenn du ein Parallelleben führen könntest, wie würde deine alternative Karriere aussehen?

Diese Frage hört sich ein wenig nach »Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?« an. Ich glaube, dass solche Fragen unglücklich machen. Wichtiger ist, sich eine Aufgabe zu suchen, die einem meistens Spaß macht. Wenn dies der Fall ist, dann bin ich auch gut in dem, was ich jeden Tag mache. Außerdem: Immer offen für Neues und lernwillig sein!

 

Mehr zu René erfahrt ihr auf seinen Profilen bei LinkedIn und Twitter.