Peer Story

Social Media für Wissenschaftler*innen – ein Good Practice Beispiel

95% aller Wissenschaftler*innen nutzen Social Media. Aber welcher Kanal ist der richtige für mich und was bringt mir das? Wir haben unseren Fellow Dr. Marcel Pawlowski gefragt, der eine gute Strategie für sich gefunden hat.

Dr. Marcel S. Pawlowski ist Schwarzschild Fellow und Junior-Gruppenleiter am Leibniz Institut für Astrophysik in Potsdam (AIP) und Alumnus unseres Klaus Tschira Boost Funds und der GSO Leadership Academy (Stand: August 2022).

 

1. Wie wichtig ist es für dich als Wissenschaftler auf Social Media aktiv zu sein?

In meinem Feld sind viele Wissenschaftler*innen auf Twitter aktiv. Es ist eine gute Möglichkeit mitzubekommen, wer woran arbeitet, welche Entwicklungen stattfinden, um Einschätzungen zu erhalten, seine eigene Arbeit bekannt zu machen und Kontakte zu knüpfen und zu erhalten.

In der heutigen Zeit, wo niemand die Zeit hat, jedes Paper komplett zu lesen, ist eine kurze Zusammenfassung auf Twitter ein gutes Format um seine Forschung zu verbreiten und zur Diskussion zu stellen. Wenn man Glück hat, wird auch ein Wissenschaftsjournalist darauf aufmerksam, was mir schon ein paar Mal passiert ist und wiederum zu interessanten und produktiven Kontakten führen kann.

Wichtig bei aller Wissenschaftskommunikation auf Social Media ist aber, dein Publikum im Blick zu behalten: Für wen willst du kommunizieren? Allgemeinverständlich oder nur für Peers oder nur als privater Account? Passe deine Kommunikation dementsprechend an.

 

2. Frage: Welche Social-Media-Kanäle nutzt Du?

Ich nutzte am aktivsten Twitter, habe aber auch einen LinkedIn und einen Facebook Account. Diesen nutze ich aber nicht für wissenschaftliche Zwecke. Auf Twitter gibt es in meinem Forschungsfeld den aktivsten und produktivsten Austausch.

Hier ist ein gutes Beispiel zu einem Thread meines letzten Erstautorenpapers und ein Tweet, der zeigt, dass diese Zusammenfassung auch in einem journal club genutzt wurde.

3. Wie wichtig ist es in Bewerbungsphasen auf Social Media aktiv zu sein?

Die Leute, die Bewerbungsentscheidungen treffen, gehören vielfach einer anderen Generation an, in der Social Media noch nicht so entscheidend war. Ich habe den Eindruck, dass es daher bei diesen Entscheidungsträger*innen teilweise noch eher negativ gesehen wird, wenn man sehr aktiv auf Social Media ist.

Der Austausch mit anderen in derselben Situation kann aber dabei helfen, den ganzen Stress beim Bewerbungsprozess zu teilen und sich Unterstützung zu holen. Teilweise finden sich natürlich auch Jobangebote auf Social Media, die interessant sein könnten.

„Live tweeting“ von Vorträgen oder Diskussionen ist eine gute Möglichkeit auch für Nachwuchswissenschaftler*innen (…) ihre Karrierechancen zu erhöhen.

Ich denke, es ist vielleicht wichtiger, bei Konferenzen auch online präsent zu sein. „Live tweeting“ von Vorträgen oder Diskussionen ist eine gute Möglichkeit auch für Nachwuchswissenschaftler*innen Kontakte zu knüpfen, sich bekannt zu machen, und ihre Karrierechancen zu erhöhen –  schon alleine, weil der oder die eine oder andere Kollege oder Kollegin den Namen schon mal gehört hat.

 

95
Prozent aller Wissenschaftler*innen nutzen Social Media*
*s. Forschung & Lehre: “Was hat die Wissenschaft vom Social-Media-Prinzip?”

 

4. Was magst du an anderen Accounts und welchen Rat kannst du geben, wenn man ein Profil erstellen will (und vielleicht auch, wie ein erster Tweet aussehen kann)?

Wenn es um Accounts von Wissenschaftlern geht, ist es immer spannend, wenn sie über aktuelle Entwicklungen in ihrem speziellen Fachgebiet schreiben, in die man sonst vielleicht weniger gut Einblicke bekommt. Solche Experteneinschätzungen können sehr lehrreich sein und zu spannenden Diskussionen führen.

Das Beste an Twitter ist, dass man problemlos nachfragen kann, wenn etwas unklar ist oder man eine spezielle Frage hat. Dinge, für die man vielleicht keine Email schreiben würde, können bei Twitter ganz einfach mal zwischendurch besprochen werden.

Ich mag es aber besonders, wenn Accounts zugleich etwas Persönlichkeit zeigen und die Dinge nicht immer nur ernst nehmen.

Also zum Beispiel zwischendurch mal den einen oder andere lustigen oder ironischen Tweet schreiben. Im Idealfall ist Twitter so etwas wie eine virtuelle Kaffeeküche: man trifft sich eher zufällig, spricht über ein neues Paper, Persönliches, eine neue Entwicklung, oder macht ein paar Witze. Niemand ist verpflichtet ständig dort zu sein und wenn man anderes zu tun hat, geht man einfach wieder.

Als ersten Tweet könnte man sich kurz vorstellen und schreiben worüber man vor hat zu twittern. Diesen Tweet kann man dann auch erstmal als “Pinnend Tweet” setzen, so dass jeder, der das Profil besucht, diesen als erstes sieht.

Aber bloß nicht zu viel nachdenken, der erste Tweet ist nicht entscheidend, denn anfangs hat man ja ohnehin nicht viele Follower. Wichtiger ist es, Ausdauer zu haben, anderen interessanten Accounts zu folgen, zu interagieren, und damit seine eigene Stimme auf Twitter zu finden. Mit der Zeit kommen so auch die Follower.

Why twitter?
Das könnt ihr mit Social Media erreichen:

 

  • Seid Teil von aktuellen Diskussionen und Trends in der Wissenschaft.
  • Präsentiert und diskutiert eure Forschung.
  • Erhaltet Feedback.
  • Vernetzt euch.
  • Setzt euch für Themen ein, die euch wichtig sind.

5. Wie verändert Social Media die Wissenschaftslandschaft?

Vieles geschieht inzwischen schneller, direkter Austausch kann ohne große Hürden initiiert werden. Aber das Medium macht Diskussionen oft auch weniger detailreich, sie bleiben tendenziell oberflächlicher.

Es finden sich auf Social Media, wie beispielsweise Twitter, leichter Gleichgesinnte die miteinander wissenschaftlich diskutieren können. Auch trägt Social Media zur Internationalisierung der Wissenschaft bei, da hier rund um die Welt Menschen miteinander in Austausch kommen. Menschen aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt und mit den unterschiedlichen Hintergründen können hier ihre wissenschaftliche Sichtbarkeit verbessern und neben dem wissenschaftlichen Austausch auch Diskussionen rund um Fragen, wie man Wissenschaft betreibt oder welche Problemfelder es gibt, diskutieren.

Gerade nicht-fachspezifische Themen wie mangelnde Diversity, soziale Ungerechtigkeiten, oder die negativen Auswirkungen des Wissenschaftssystems auf Mental Health werden umfangreich auf Social Media thematisiert und beeinflussen damit auch den Wissenschaftsdiskurs.

 

6. Hat sich Social Media während Corona verändert?

Ich nutze Social Media derzeit weniger, da ich nicht so häufig dazu komme. So geht es momentan glaube ich vielen Leuten, man hat anderen Sorgen und nicht mehr so viel Zeit für Social Media.

Durch die weltweite Nutzung sieht man die Auswirkungen der Krise sehr deutlich. Viele diskutieren auf Twitter nicht mehr über Wissenschaft, sondern über Corona und ihre persönlichen Erfahrungen und Probleme. Man teilt schließlich auch seine Persönlichkeit auf Twitter.

Aber die Stimmung hat sich definitiv geändert. Alles scheint von der Gesamtsituation überschattet zu sein. Auch wenn weiterhin ein Austausch stattfindet und man sich beispielsweise Tipps rund um das Thema Digitalisierung holen kann, herrscht im Großen und Ganzen eine schlechtere und negativere Stimmung als vor Corona. Auch nehmen die eher kontroversen Diskussionen, auf die man sensible reagieren muss, in dieser Situation zu.

 

Dein Lieblingsaccount, der nichts mit Wissenschaft zu tun hat?

Ich mag Accounts die meine Timeline zwischendurch mit toller Dokumentarfotografie ergänzen, konkret insbesondere: @MagnumPhotos und @womenphotograph.

Do´s and Dont´s in der Social Media Wissenschaftskommunikation

 

  • Sei auffindbar: Nutze deinen richtigen Namen und ein erkennbares Bild von dir.
  • Schreib über deine Wissenschaft, lass aber auch deine Persönlichkeit durchscheinen.
  • Hab keine Scheu zu kommentieren und Fragen zu stellen – .
  • Sei positiv, offen und ein guter Zuhörer.

Aktive Interaktion ist wichtig, Social Media ist keine Einbahnstraße.

  • Präsentiere nicht nur dich selbst, sondern tausche dich mit anderen aus.
  • Bleib professionell – Finde die richtige Balance.
  • Sei konstruktiv, wenn du Kritik übst, und sei offen für die Argumente und Meinungen anderer.
  • „Don´t feed the trolls“: Lass dir nicht alles gefallen, man kann Störenfriede gerne blocken.
  • Think before you post – Kurze Kommunikation kann schnell zu Missverständnissen führen.
  • Fühl dich nicht gedrängt, den ganzen Tag auf Social Media zu sein.
Marcel Pawlowski
Leibniz Institute for Astrophysics Potsdam/ Astronomy, Astrophysics

Weitere Ressourcen

Empfehlenswerter Podcast: Social Media for Scientists: Interview with Twitter-expert Stefanie from “Career Conversations”

Blog von Susanne Geu: “Mehr Sichtbarkeit in der Wissenschaftscommunity!”

 

Veröffentlicht am 13.08.2020